Hoher Besuch am Lessing-Gymnasium: Organisiert vom Goethe-Institut stattete in der letzten Woche eine Gruppe amerikanischer Führungskräfte dem Lessing-Gymnasium einen Besuch ab. Erfahren Sie im Folgenden von Herrn Michael Schneider und von Herrn Wood Powell vom Goethe-Institut mehr über diesen außergewöhnlichen Besuch.
US-Delegation studiert das deutsche Bildungssystem am Lessing-Gymnasium
Dreizehn Führungskräfte aus Wirtschaft, Politik und Bildungseinrichtichtungen der USA besuchten im Oktober auf Einladung des Goethe-Instituts das Lessing-Gymnasium in Karlsruhe. Der Besuch stand im Rahmen einer Studienreise des Transatlantic Outreach Programme. Inhaltlicher Schwerpunkt: Die Bekanntschaft der Amerikaner mit dem deutschen Bildungssystem, die Vorbereitung auf das Berufsleben an den alllgemeinbildenden Schulen sowie die Möglichkeiten des Übergangs von der Schule in den Beruf.
Erste Station in Deutschland: Die Stadt Karlsruhe und das Lessing-Gymnasium. Dort wurde ihnen in aller Kürze das Schulsystem in Baden-Württemberg vorgestellt und die Aktivitäten des Lessing-Gymnasiums im Bereich der Berufs- und Studienorientierung im Besonderen. Besonders angetan zeigten sich die Gäste von der Schülerfirma des Lessing-Gymnasiums, welche die Schülerinnen und Schüler ihnen auf charmante Weise präsentierten. Gesprächsbedarf entstand ferner zum deutschen Bildungsförderalismus und zu Fragen der Inklusion.
Nächste Station der Bildungsreise: Die Agentur für Arbeit in Offenburg. Von dort aus beantwortete Herr Powell einige Fragen, die Herr Dr. Roth ihm nachschickte:
Dr. Roth:
Ich hoffe, dass Sie gut nach Offenburg gekommen sind und Ihre Delegation dort weitere interessante Einblicke in das deutsche System erhalten konnte. Ihr Besuch war sehr interessant für uns und hat bei mir einige Fragen aufgeworfen. Können Sie uns etwas über das Visitors Program vom Goethe-Institut erzählen?
Powell:
Es ist hier wichtig zu sagen, dass diese Delegation durch das Transatlantic Outreach Program (TOP) ermöglicht wurde. Das TOP-Program ist am Goethe-Institut in Washington angesiedelt. Sein Ziel ist es, einen Eindruck des modernen Deutschland an spezifische Zielgruppen in Nordamerika zu vermitteln. Zu diesen Zielgruppen gehören besonders Lehrkräfte (social studies und MINT) sowie besondere Entscheidungsträger. Die Gruppe, die das Lessing-Gymnasium am 7.10. besucht hat, bestand aus diversen Entscheidungsträgern aus den USA. Das Besucherprogramm des Goethe-Instituts ist für die logistische Unterstützung ein wichtiger Partner und Dienstleister des TOP.
Dr. Roth:
Was ist das Ziel Ihrer diesjährigen Reise?
Powell:
Eine TOP-Reise für Entscheidungsträger findet einmal im Jahr statt. Ziel ist es, uns das deutsche Berufsbildungssystem zu erklären und näherzubringen. Eine besondere Absicht ist es, "best practice"-Beispiele aus Deutschland in die USA zu bringen, um neue Strategien zu entwickeln, und damit bessere "workforce pipelines" zwischen Schulen, Berufsschulen, und Industrie zu entwickeln.
Dr. Roth:
Welche Ziele hatten die vergangenen Reisen?
Powell:
Es handelt sich immer um das deutsche Berufsbildungssystem. Diese Reise war allerdings die neunte TOP-Reise des Jahres. Die anderen acht Reisen haben im Sommer 2019 für ca. 115 Lehrkräfte stattgefunden. Diese Reisen waren weniger spezifisch und mehr umfangreich, obwohl das Berufsbildungssystem immer ein Thema bleibt.
Dr. Roth:
Was erhofft sich das Goethe-Institut von der Reise?
Powell:
Best Practice-Ideen aus Deutschland in den USA zu bringen, um bessere Arbeitschancen für die amerikanische Jugendlichen zu fördern.
Dr. Roth:
Was erhoffen sich die Teilnehmer von der Reise?
Powell:
Die Teilnehmer haben die gleichen Ziele und Hoffnungen wie wir. Sie haben von den deutschen Berufsbildungssystem gehört und gelesen (New York Times, Wall Street Journal, etc.), aber haben in der Tat keine Ahnung, wie das System wirklich aussieht.
Dr. Roth:
Wie wird man Teil des Visitors-Programms?
Powell:
Die Teilnehmer wurden von TOP zusammen mit unserem Partner in Washington spezifisch ausgewählt und eingeladen. Dieser Partner heißt das PAYA Projekt der New America Foundation.
Dr. Roth:
Welche Fragen hatten die Teilnehmer in Bezug auf das deutsche Schulsystem?
Powell:
Die Frage, wie deutsche Schulen die Berufsorientierung organisieren, war die wichtigste Frage für diese bestimmte Gruppe. Z.B. dass Schüler in Deutschland mindestens zwei Praktika absolvieren müssen, war eine große und wichtige Überraschung.
Dr. Roth:
Gab es weitere überraschende Erkenntnisse?
Powell:
Die Spaltung des deutschen Schulsystems, z.B. zwischen Realschule und Gymnasium ab der 5. Klasse, ist immer für Amerikaner ein bisschen schwer zu verstehen. Dass die Lehrer in Deutschland schon so früh das Leben der Schüler beeinflussen können, stimmt nicht mit dem "American Dream", dass jeder die Spitze erreichen kann, überein. Aber es ist uns allen gut bekannt, dass nicht jeder zur Uni gehen kann oder soll. Von daher müssen und werden wir Amerikaner realistischer.
Dr. Roth: Hatten sich die Teilnehmer ein deutsches Gymnasium so vorgestellt?
Powell:
Das Lessing-Gymnasium war für die meisten Teilnehmer der allererste Schulbesuch überhaupt außerhalb den USA. Amerikaner sind immer begeistert, wie schön und historisch die Schulgebäude aussehen und wie toll die Schüler englisch sprechen.
Dr. Roth:
Wie kamen Sie bei Ihrem Besuch auf das Lessing-Gymnasium?
Powell:
Im Juni habe ich die Bildungsinitiative „Handwerk Stiftet Zukunft“ in Berlin besucht. Meine Ansprechpartnerin dort hat eine Menge über Schülerfirmen erzählt und sie hatte mir empfohlen, mit einer Delegation eine Schule mit solch einer Schulfirma zu besuchen. Über die Webseite habe ich das Lessing-Gymnasium in Karlsruhe gefunden.
Dr. Roth:
Gibt es Bestrebungen, den Austausch bzgl. unserer beiden Bildungssysteme zu intensivieren?
Powell:
Das TOP-Programm ist immer auf der Suche nach Partnerschulen in Deutschland. Wenn das Lessing Gymnasium einen Schulpartner in den USA sucht, dann sind wir dabei zu helfen.
Dr. Roth:
Herzlichen Dank für das Gespräch.