Am Sonntag, den 16.07.2017 startet um 8:00 Uhr morgens in unserem Schulhof das Team Stratos der AG Tüfteln & Forschen einen Ballon in die Stratosphäre.
Lesen Sie im Folgenden, wer und was genau hinter dem Projekt steckt.
In der AG Tüfteln & Forschen von Frau Bauer, Herrn Schnaus und Herrn Dr. Roth finden zur Zeit zwei große, von der Stiftung des Landes Baden-Württemberg geförderte Projekte statt:
Die Schüler des VR-Projektes programmieren ein Lernspiel zum Thema Immunsystem. Sie verwenden dazu professionelle Programmierwerkzeuge sowie eine Virtual Reality Brille. Die Schülerinnen und Schüler des Projektes Stratos haben sich dagegen zum Ziel gesetzt, einen Ballon in 38 km Höhe zu schicken und dort Umweltmessungen vorzunehmen.
Am 16.07.2017 wird es endlich soweit sein und Cecilia Tampe, Georg Pfaff, Hannah Stähle, Niclas Ullrich, Paul Weber, Sakada Sam und Xavier Sichert werden ihren Ballon in die Stratosphäre entlassen.
Was ist das Ziel des Projekts Stratos?
Hauptziel des Projektes ist es, beim Aufstieg auf 38 km Höhe Messwerte für Temperatur, Luftdruck und Ozonkonzentration zu erfassen. Außerdem soll vom Auf- und Abstieg eine 360°-Videoaufnahme angefertigt werden.
Wie ist der Ballon aufgebaut?
Beim Ballon handelt es sich um einen "handelsüblichen" Wetterballon. An ihm hängen an einer langen Spezialschnur zunächst ein ebenfalls "handelsüblicher" Fallschirm sowie die eigentliche Nutzlast. Die Nutzlast befindet sich in einem von den Schülerinnen und Schülern selbst konstruierten und gebauten Behälter. Er wurde mit Hilfe unseres Lasercutters aus Sperrholz angefertigt und ist mit Styroporplatten gegen Einwirkungen von außen isoliert.
Unterhalb des Behälters befindet sich eine 360°-Kamera. Diese zeichnet auf einer 256GB-Speicherkarte während des Fluges in alle Richtungen schauend ein Video auf. Aus diesem Video lassen sich nach der Landung aus beliebiger Perspektive Einzelbilder extrahieren. Besitzer von VR-Brillen werden sich beim Betrachten des Videos wie ein Teil der Nutzlast fühlen können. Wer keine VR-Brille besitzt, wird die 360°-Funktion der Youtube-App verwenden können.
Im Inneren des Nutzlastbehälters befinden sich die Elektronik, die Sensoren, das Ortungssystem sowie die Energieversorgung.
Die Sensoren für die Erfassung der Umweltmesswerte Temperatur, Luftdruck und Ozongehalt sind an einen Arduino Mikrocontroller angeschlossen. Dieser zeichnet die Messwerte während des Fluges auf einer SD-Karte auf, die nach dem Flug ausgewertet werden kann. Das dazu erforderliche Programm wurde von den Schülerinnen und Schülern selbst programmiert.
Das Vorhandensein eines Ortungssystems ist für den Flug nicht nur von der Luftfahrtbehörde vorgeschrieben, es ist unablässig für eine erfolgreiche Bergung des Ballons nach dem Ende seines Fluges. Aufgrund der großen Bedeutung des Systems für einen Erfolg der Mission haben wir uns für eine doppelte Lösung des Tracking-Problems entschieden:
Zum einen ist direkt unter der Oberseite des Nutzlastbehälters ein SPOT Trace Tracker befestigt. Dieser empfängt die Ausstrahlungen der GPS-Satelliten und berechnet daraus seine Position. Die Positionsdaten werden dann alle 180 Sekunden über das Globalstar Satellitennetzwerk in das Internet übertragen. Die Position des Ballons kann dadurch sozusagen in Echtzeit verfolgt werden.
Zum anderen befindet sich im Nutzlastbehälter ein altes Android Smartphone, das von Herrn Dr. Roth zur Verfügung gestellt wird. Dieses erfasst ebenfalls mit Hilfe der GPS-Satelliten seine Positionsdaten. Ist ein Funkmast in Reichweite, so versucht es außerdem, die aktuellen Positionsdaten per Datenübertragung oder Kurznachricht an das Bergungsteam zu übertragen. Eine Verbindung zum Mobilfunknetz wird voraussichtlich nur bis in einige Kilometer Höhe möglich sein. Falls aufgrund einer ungünstigen Lage des gelandeten Nutzlastbehälters vom SPOT Trace Tracker keine Verbindung zum Globalstar Satellitennetzwerk aufgebaut werden kann, ist eine Übermittlung der Position der Nutzlast jedoch zumindest noch über das Smartphone möglich.
Die Energieversorgung ist ebenfalls doppelt ausgeführt. Zum einen besitzen das Smartphone sowie die 360°-Kamera integrierte Akkus. Zum anderen sind die Geräte über USB an eine Powerbank angeschlossen.
Wie ist der Ablauf des Fluges?
Vorausgesetzt das Wetter spielt mit, startet der Ballon am Sonntag, den 16.07.2017 im Schulhof des Lessing-Gymnasiums. Er wird mit dann mit bis zu 7 Metern pro Sekunde in die Höhe steigen.
Das Startfenster ist durch die Genehmigung der Luftfahrtbehörde sowie durch die Freigabe der Deutschen Flugsicherung DFS vorgegeben. Sollte aufgrund der Wetterbedingungen kein Start möglich sein, so muss eine neue Genehmigung und eine neue Flugverkehrsfreigabe beantragt werden. Die Flugverkehrsfreigabe stellt sicher, dass alle Nutzer des Luftraumes über den bevorstehenden Start informiert sind. Dazu dient eine so genannte Notice to Airmen (NOTAM). Piloten können der NOTAM entnehmen, dass sie beim Flug über Karlsruhe und Umgebung besonders aufmerksam sein müssen. Ballons sind angesteuerte Luftfahrzeuge und haben damit "Vorfahrt", andere steuerbare Luftfahrzeuge müssen ihnen ausweichen.
Vor dem Start muss der Ballon natürlich mit Helium bzw. genauer gesagt Ballongas gefüllt werden. Ballongas ist eine Mischung aus Helium und Luft im Verhältnis 90:10. Eine Füllung aus reinem Helium würde zu mehr Auftrieb, aber leider auch zu höheren Kosten führen.
Herr Schnaus wird rechtzeitig vor dem Start mit einer im Baumarkt beschafften Flasche Ballongas im Schulhof erscheinen und mit einem Teil des Teams die Befüllung des Ballons bis auf 2 Meter Durchmesser durchführen. Währenddessen wird Herr Dr. Roth mit dem Rest des Teams mögliche Simulationen der Flugbahn durchführen. Von dem Ergebnis dieser Simulationen hängt die genaue Füllmenge des Ballons ab. Unterschiedliche Füllmengen führen zu unterschiedlichen Aufstiegsgeschwindigkeiten und damit zu unterschiedlichen maximal erreichbaren Höhen. Von Aufstiegsgeschwindigkeit und maximal erreichbarer Höhe hängt ab, wie lange sich die am Ballon bzw. am Fallschirm hängende Nutzlast in den verschiedenen Luftströmungen aufhalten wird. Daraus lässt sich dann der ungefähre Weg des Ballons vorhersagen. Ziel wird es sein, eine Füllmenge und damit Flugbahn zu finden, welche die Nutzlast an ihrem Fallschirm in möglichst unbewohntem Gebiet landen lassen wird.
Sie fragen sich wahrscheinlich zu Recht, warum die Nutzlast nicht "ganz normal" sanft am Ballon landen wird? Die Antwort auf diese gute Frage ist in dem folgenden Bild versteckt:
Mit zunehmender Höhe nimmt der Luftdruck ab. Für den Ballon bedeutet dies, dass mit zunehmender Höhe die ihn umgebende Luft immer weniger stark auf den Ballon einwirken wird. Dies führt dazu, dass mit zunehmender Höhe das Ballongas immer mehr Platz einnehmen wird. Das heißt, der Ballon wird mit zunehmender Höhe immer größer werden.
Irgendwann ist der Ballon so groß geworden, dass seine Hülle der Belastung nicht mehr standhalten kann und reißt. Die so genannte Burst Altitude ist erreicht, der Ballon platzt. Durch diese spontane Vernichtung des Auftriebs machen sich dann die Reste des Ballons und die Nutzlast auf den Weg, der ihnen die Erdanziehung weist. Der freie Fall aus 38 km Höhe beginnt.
Glücklicherweise sind der Ballon selbst bzw. seine Reste mit einer Spezialschnur mit der Nutzlast und mit einem Fallschirm verbunden. Dieser Fallschirm öffnet sich nach dem Beginn des freien Falls und bremst den Fall. Mit der zunehmenden Dichte der Luft wird die Wirkung des Fallschirms stärker und der Fall dadurch langsamer.
Irgendwann landet das aus den Ballonresten, dem Fallschirm und der Nutzlast bestehende System dann hoffentlich möglichst sanft in einer "ruhigen Gegend" und wird vom Team, das dem Ballon mit dem Auto gefolgt ist, geborgen. Eine Luftfahrthaftpflichtversichung der R+V-Versicherung sichert uns gegen vom "Ballon" bei der Landung herbeigeführte Schäden ab. Die Bergung selbst sichert ein Bundesgesetz. Es stellt sicher, dass vom Bergungsteam auch Privatgrundstücke betreten werden können.
Wir bedanken uns schon jetzt bei der Stiftung des Landes Baden-Württemberg für die Finanzierung des Projektes, bei Herrn Kahmann von Samsung für die leihweise Bereitstellung der 360°-Kamera, bei Herrn Hagel von der R+V-Versicherung für seine Beratung bzgl. der Versicherung des Fluges, bei Herrn Lübben von der Deutschen Flugsicherung für die Erteilung der Flugverkehrsfreigabe, bei Frau Freudenberg vom Regierungspräsidium Stuttgart für die Erteilung der Einzelerlaubnis für den Betrieb eines unbemannten Freiballons sowie natürlich bei den Schülerinnen und Schülern der AG Tüfteln & Forschen für ihren Einsatz beim Projekt.
Besonders bedanken möchte ich mich bei Herrn Schnaus für seine Idee und seinen Einsatz, nicht nur beim Unterschreiben von Verträgen und Anträgen. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei unserer Schulleiterin Frau Schatte für die Unterstützung unserer Projekte.
Wir werden am Tag des Fluges auf unserer Website vom Verlauf des Fluges sowie von den Bergungsbemühungen berichten. Wir freuen uns natürlich auch über Zuschauer beim Start. Und über das Drücken des ein oder anderen Daumens.