In der Studie Movigen wurden die Auswirkungen des Sportunterrichts auf die Entwicklung sozialer und personaler Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler untersucht. Mit dabei waren auch zwei sechste Klassen des Lessing-Gymnasiums. Die Ergebnisse präsentiert Ihnen Herr Kubacki im Folgenden.

Karlsruher Gymnasial-Schüler verfügen über hohe personale Kompetenzen und sind überdurchschnittlich sportlich aktiv

Sportunterricht in einer sechsten Klasse am Lessing-Gymnasium Karlsruhe: Nach einer kurzen Aufwärmphase werden Gruppen gebildet, die in verschiedenen kleinen Spielen einmal miteinander, ein anderes Mal gegeneinander antreten und verschiedene Passtechniken mit dem Handball einüben. Vordergründig erschließen sich dem Betrachter sofort die naheliegenden Ziele dieser Übungsstunde: vielseitige und intensive Bewegung unter verschiedenen Bedingungen, wodurch vielleicht sogar in einer der nächsten Stunde ein erstes großes Handballspiel ermöglicht wird. Wäre es jedoch nicht auch möglich, dass einzelne Schüler nach und nach ein Gefühl für den Sinn und Zweck von Kooperation und Fairness entwickeln und diese beiden Fähigkeiten soweit verinnerlichen, dass sie über den Sportunterricht hinaus auch als ganz eigene personale Kompetenz in anderen Lebensbereichen Wirkung entfalten können? Oder anders gefragt: Kann der Sportunterricht dabei helfen, soziale und personale Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern zu stärken?

Diese Problemstellung liegt der Movigen- Studie des Instituts für Sport- und Sportwissenschaft der Universität Karlsruhe (KIT) zugrunde, welche in den Jahren 2016 bis 2017 an fünf Karlsruher Gymnasien umgesetzt wurde. Auch das Lessing-Gymnasium stellte hierfür zwei Klassen zur Verfügung, welchen jeweils über sechs Wochen hinweg von einem wissenschaftlichen Team des KIT ein maßgeschneiderter Sportunterricht zuteil wurde. Maßgeschneidert deshalb, da Inhalte und Struktur einem speziell auf den Erwerb sozialer und personaler Kompetenzen hin ausgerichtet wurden. So standen inhaltlich Spielformen zur Stärkung von Kooperation und Teamfähigkeit, Fairness, Selbstkonzept und Selbstwirksamkeit sowie Konfliktlösung im Vordergrund. Eingepasst wurden diese in eine Stundenstruktur, die vor allem am Ende immer eine Reflexionsphase miteinbezog. Darüber hinaus wurden Daten zur Häufigkeit allgemeiner körperlich-sportlicher Aktivität erhoben.

Interessant ist nun ein Blick auf die Ergebnisse der sechswöchigen Studie: Insgesamt bewegen sich die beteiligten Schülerinnen und Schüler, also auch jene des Lessing-Gymnasiums im Durchschnitt an 4,6 Tagen pro Woche mindestens 60 Minuten. Dies ist zwar immer noch unter der von der WHO für 10-13-jährige Kinder empfohlenen täglichen Aktivität, übertrifft jedoch den bundesweiten Durchschnitt Gleichaltriger, die sich nur an 3,8 Tagen pro Woche intensiv sportlich bewegen. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Frage nach der sportlichen Aktivität im Sportverein oder darüber hinaus im Alltag: In beiden Fällen schneiden die Schülerinnen und Schüler der Karlsruher Gymnasien besser ab als ihre vergleichbaren Altersgenossen im Bundesdurchschnitt. Ein differenziertes Bild ergibt sich bei der Auswertung der zentralen Problemstellung, inwieweit eine strukturierte Schulsportintervention soziale und personale Kompetenzen positiv entwickeln kann. Zunächst fällt erfreulicherweise der hohe Ausgangswert bei allen Schülerinnen und Schülern auf: Die beteiligten Sechstklässler, also auch jene des Lessing-Gymnasiums verfügten demnach bereits vor der gezielten Intervention über ein hohes Maß an Kooperations- und Teamfähigkeit, Fairness sowie Konfliktlösungsstrategien. Dies mag auch ein Grund dafür sein, dass nach sechs Wochen gezieltem Sportunterricht, ausgerichtet auf den Erwerb dieser Kompetenzen, nur geringe Verbesserungen festzustellen waren. Immerhin jedoch zeigt sich bei der Messung des Kooperationsverhaltens eine signifikante Verbesserung. Nimmt man das Teilergebnis hinzu, dass das Otto-Hahn-Gymnasium als Eliteschule des Sports und damit verstärkter Integration von Sport im schulischen Alltag fast durchweg höhere Werte bezüglich der sozialen und personalen Kompetenzen aufweist, kann man davon ausgehen, dass ein dauerhaft hohes Maß an sportlicher Aktivität einen langfristigen Kompetenzerwerb unterstützt.

Um das Ausgangsbild nochmals aufzugreifen: Verhelfen die kleinen Spiele in einer sechsten Klasse nun zu mehr Fairness und Kooperationsbereitschaft, auch in anderen Lebenslagen als nur auf dem Sportplatz? Die sechs Wochen gezielten Unterrichts im Rahmen der Movigen-Studie waren hierfür sicherlich zu kurz, um weitere signifikante Wirkungen bei unseren Schülern zu erzielen. Gerade jedoch die hohen Ausgangswerte bezüglich personaler sowie sozialer Kompetenzen zeigen auf, dass sich Bildung und Erziehung auf einem guten Weg befinden und sie sollten Ansporn für alle Beteiligten sein, weiterhin ein gesellschaftliches Miteinander zu leben, das eben nicht von Ellbogenmentalität und Egomanie geprägt ist. Verstärkter und gezielter Sportunterricht in diesem Sinne, das belegen nicht zuletzt die auffällig positiven Daten des Sportgymnasiums OHG, bietet hier sicherlich einen idealen Rahmen und sollte auch am Lessing-Gymnasiums weiterhin einen entsprechend hohen Stellenwert genießen.