Dieses Jahr feiern das Fichte- und das Lessing-Gymnasium 125 Jahre erstes deutsches Mädchengymnasium. Am 3. Mai 2018 fand das gemeinsame Schulfest von Fichte- und Lessing-Gymnasium statt. Den Bericht von Herrn Leutner mit Fotos von Frau Mehne und Herrn Roth finden Sie im Folgenden.

Die nächste Veranstaltung ist das Jubiläumskonzert am Donnerstag, den 17. Mai um 19:00 Uhr in der Aula des Lessing-Gymnasiums. Wir laden Sie sehr herzlich dazu ein!

Schulfest von Fichte- und Lessing-Gymnasium

Alles begann mit einer Rede. Diese wurde 1899 in der Turnhalle des Fichte-Gymnasiums gehalten und setzte mit den Worten ein:

„Ein bedeutungsvoller Moment ist dies (…) bedeutungsvoll für ganz Deutschland. Ist es doch das erste Mal, daß Schülerinnen eines regelrechten Gymnasiums in unserem Vaterland das Abiturium machen durften, daß Abiturientinnen hinauszogen aus der Schule, um zu weiterem Studium auf die Hochschule zu gehen.“

Wer da sprach, war eine junge Frau, Rahel Goitein, die zusammen mit drei weiteren Schülerinnen zu den ersten Abiturientinnen Deutschlands gehörte. Rechnet man zum Beginn ihrer Gymnasialzeit zurück, befindet man sich im Jahre 1893 – und damit dem Gründungsjahr des ersten Mädchengymnasiums in Deutschland. 1911 war diese „Mädchengymnasialabteilung“ im heutigen Fichte-Gymnasium bereits so stark gewachsen, dass sie ein eigenes Schulgebäude benötigte, das spätere Lessing-Gymnasium. 2018 konnte so zu einem gemeinsamen Jubiläumsjahr für beide Schulen werden. Die gleichzeitige Integration dieses Jubiläums in die Thematik der Europäischen Kulturtage Karlsruhe „Umbrüche – Aufbrüche: Gleiche Rechte für alle“ war mit dieser Vorgeschichte fast selbstverständlich.

Die Feierlichkeiten begannen logischerweise am historischen Ort – der Sporthalle des Fichte-Gymnasiums. Dort begrüßten Sabine Schatte, Schulleiterin des Lessing-Gymnasiums, und ihr männlicher Kollege Ralf Wehrmann, Schulleiter des Fichte-Gymnasiums, in einem originell gestalteten rhetorischen Duett Gäste aus Schule und Stadt. Der Festakt entwickelte sich so zu einem Streifzug durch die Geschichte der Gleichberechtigung von Frauen in den vergangenen 125 Jahren. Ergänzt um die noch einmal rezitierte Rede der Rahel Goitein sowie musikalische Kommentierungen durch Stücke wie das im Chor dargebotene „The March of the Women“ war dies der Auftakt für einen „Spaziergang“, der noch einmal symbolisch den Ortswechsel vom Fichte- zum Lessing-Gymnasium nachvollzog: „Sophienstraße – Achse der Mädchenbildung“.

Und so machte sich ein „Demonstrationszug“ – die TeilnehmerInnen vielfach phantasievoll im modischen Gewand des Kaiserreichs gekleidet und ausstaffiert – auf den Weg, um an ausgesuchten Plätzen signifikanten Stationen der geschichtlichen Entwicklung zu begegnen, die von Schülerinnen und Schülern erläutert wurden. Diese vermittelten auf besonderen Feldern die historischen Zäsuren ausgehend von der Weimarer Republik über den Nationalsozialismus bis in die Sechziger Jahre der Bundesrepublik Deutschland. Anfang und Ende des Weges stellten die beiden Schulen dar, deren Bedeutung mit der Enthüllung zweier Gedenktafeln durch die Leiterin des Kulturamtes der Stadt Karlsruhe, Frau Dr. Susanne Asche, betont und noch einmal in den Zusammenhang der Gleichberechtigung als wesentlichem Bestandteil der allgemeinen Grundrechte gestellt wurde.

Was folgte, war ein Fest – ein gemeinsames Schulfest beider Gymnasien in der Nottingham-Anlage. Dabei wechselten sich Aktionen und Aktivitäten unterschiedlichster Couleur ab: vom Auftritt einer Lehrer-Schüler-Band über einen „Latin-Rock-Flashmob“ und einen „Flashmob Body-Percussion“ zu Darbietungen in Hip-Hop/Modern-Dance, von Akrobatik über die Aufführung eines französischen Theaterstücks zur Darbietung „Emanzipation mit nonverbalen Mitteln“, von Filmvorführungen und „Kunst in Dosen“ zu Kartentricks, von einem Staffellauf, Plakatausstellungen, „Handlettering – oldschool“ über „Fotostand – Polaroid“ zu „Silhouetten zeichnen“, „Alten Spielen“, Quiz und „Handarbeiten“. Für ausreichend Essen und Trinken war gut gesorgt, zudem wurde das Wetter stetig besser, derweil die Temperaturen anstiegen.

Wie selbstverständlich bewegten sich alle Beteiligten im Gewimmel der Anlage, so dass bald kaum mehr zu unterscheiden war, wer zu welcher Schule gehörte. Gleichzeitig breitete sich eine friedliche und fröhliche Stimmung aus, die im Rund des ganzen Platzes zu spüren war. Wie hätte sich eine Rahel Goitein gefreut über diese Selbstverständlichkeit – auch des gemeinsamen Feierns von Schülerinnen und Schülern zweier Gymnasien einer Stadt!