Am Mittwoch, 27.03.2019, fand im Rahmen der Karlsruher Wochen gegen Rassismus eine sehr außergewöhnliche Veranstaltung für alle Schülerinnen und Schüler der J11 statt. Als Gast dieser Veranstaltung war Christian E. Weißgerber, ein Neonazi-Aussteiger, in die Aula eingeladen worden. Den Bericht von Marco Mois finden Sie im Folgenden.

Karlsruher Wochen gegen Rassismus am Lessing-Gymnasium

Christian Weißgerber hält seit seinem Ausstieg aus der Neonazi-Szene Vorträge über seine „aktive“ Zeit als Neonazi und diesen Ausstieg an Universitäten und Schulen in ganz Deutschland. Daraus ergab sich auch die Idee des Lessing-Gymnasiums: Die Schüler sollten die „Wochen gegen Rassismus“ aus einer anderen, besonderen Perspektive erleben und die Möglichkeit haben, Fragen zu einer Existenz als Neonazi in Deutschland zu stellen. So geschah es auch. Nachdem Christian E. Weißgerber von zwei Schülern des Kernfaches Gemeinschaftskunde begrüßt worden war, begann er davon zu erzählen, was ihn dazu bewegt hatte, sich einer rechtsradikalen Gruppe anzuschließen und später auch selbst eine solche zu leiten. Das Aufwachsen ohne eine Mutter, das ständige „Übernehmen“ von Haushaltsarbeiten und ein sehr autoritärer Vater sind einige der von ihm genannten Gründe für die Suche nach einem Zugehörigkeits-, aber auch Machtgefühl, welche er in einem sich mit  der Zeit rechtsradikal entwickelnden Freundeskreis finden konnte. Als nächstes erklärte er den Jugendlichen des Lessing-Gymnasiums die verschiedenen Gruppierungen der Neonazi-Szene und deren Gemeinsamkeiten wie Unterschiede. Am Ende seines Vortrags schilderte Christian Weißgerber seinen Ausstieg und die damit verbundenen Folgen - wie beispielsweise Gewaltandrohungen von „Ex-Kameraden“. Trotz dieser entschloss er sich dazu, jeden Menschen nicht nach seiner Herkunft oder nach seinen Sprach- und Kulturkenntnissen zu beurteilen, sondern allein nach dem Charakter und der Persönlichkeit. Er erläuterte ebenfalls, dass Integration sogar ohne Beherrschung der deutschen Sprache funktionieren könne.

Nach der Präsentation hatte das gesamte Plenum die Möglichkeit, Fragen auf Karteikarten oder im Plenum an Christian Weißgerber zu stellen. In dieser Fragerunde wurde vielen die Chance gewährt, Antworten von einer Person zu bekommen, die einen Einstieg, eine aktive Zeit und einen Ausstieg aus einer Neonazi-Gruppierung erlebt hatte. Nach der Fragerunde war die Veranstaltung beendet und Christian Weißgerber wurde von zwei Schülerinnen mit einer kleinen Aufmerksamkeit verabschiedet.

Um denjenigen, deren Fragen noch offen blieben oder die Zusatzinformationen erlangen wollten, eine Gelegenheit zu bieten, Antworten und Informationen zu erhalten, wurde auf die Möglichkeit des E-Mail-Kontaktes bzw. eines Nachbereitungstermins hingewiesen. Insgesamt erlebten die Schülerinnen und Schüler den ausgesprochen interessanten und lehrreichen Auftritt eines Menschen, dessen Lebensweg ungewöhnliche Bahnen beschreibt.